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Potentialabschätzung zur biologischen Vielfalt in Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Raum Landshut

 

 

 

Freiflächen-Photovoltaikanlagen können bei geeignetem Grünlandmanagement einen substantiellen Beitrag zur biologischen Vielfalt in unserer Landschaft leisten. Im Zuge von Genehmigungsverfahren wird im Allgemeinen eine Entwicklung der Anlagen hin zu arten- und blütenreichen Grünlandstandorten angenommen, was u.a. zu einer Reduktion der mit der Errichtung festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen führt.

 

Im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts in Stadt und Landkreis Landshut wurde das naturschutzfachliche Potential von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in den Jahren 2021/2022 bewertet. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Die prognostizierten Entwicklungsziele werden in den meisten Fällen nicht erreicht.

Untersuchungsrahmen: Begutachtet wurden insgesamt 82 Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtfläche von 218 Hektar. Bei einem im Begutachtungszeitraum vorhandenen Gesamtbestand von 93 Anlagen in Stadt und Landkreis Landshut entspricht dies einem Anteil von 88 Prozent. Die Parks weisen Größen von 0,4 Hektar bis 13,8 Hektar auf, wobei aneinander angrenzende Parks entsprechend ihrer baulichen Abtrennung (Einzäunung) getrennt bewertet wurden. Nicht berücksichtigt wurden Solarparks, die erst kürzlich errichtet wurden, da hier noch keine belastbaren Aussagen hinsichtlich ihrer naturschutzfachlichen Entwicklung getroffen werden können.

Vom Anlagentyp her handelte es sich ausnahmslos um langgezogene, parallel verlaufende Modulreihen, die auf im Boden eingerammten Metallträgern aufgeständert sind. Die Modulreihen sind schräg, zumeist exakt südexponiert ausgerichtet und weisen Breiten von bis zu sieben Metern auf. Die Abstände zur Bodenoberfläche liegen südseitig zumeist zwischen 50 bis 150 Zentimetern. Gemäß einer Auswertung von Luftbildern (https://maps.google.com) beträgt die Breite der zwischen den Modulreihen befindlichen Grünstreifen im Mittel 4,4 Meter (Abbildung 1). Weitere Grünstreifen befinden sich entlang der Einzäunung, größere offene Bereiche innerhalb der Aufstellflächen sind die Ausnahme. Charakteristische Werte für den Anteil der durch Module überdeckten Fläche an der Gesamtfläche der Aufstellflächen liegen gemäß Luftbildauswertung (https://maps.google.com) zwischen 25 und 60 Prozent (Mittelwert: 43 Prozent).


Methode: Die Bewertung der Parks erfolgte hinsichtlich ihres Potentials als Reproduktions- und Überwinterungsgebiet für Insekten. Dazu wurden folgende Parameter bewertet:

  • die pflanzliche Artenvielfalt als Grundvoraussetzung für eine hohe Diversität bei der Reproduktion von Insektenvorkommen (Fraßpflanzenangebot für Entwicklungsstadien)
  •  das Angebot an Überwinterungsstrukturen, da dem Mangel an Überwinterungsstrukturen eine Schlüsselfunktion beim Rückgang von Insektenpopulationen im Offenland zukommt

Die Parks wurden während der Vegetationsperiode (April bis September) mindestens zweimal, sowie zusätzlich mindestens einmal im Winterhalbjahr (November bis Februar) aufgesucht und begutachtet. Die Bewertung erfolgte für beide Parameter in jeweils drei Stufen (geringes Potential / mäßiges Potential / hohes Potential). Zusätzlich wurde, soweit erkennbar, das Flächenmanagement (Mahd, Mulchmahd, Beweidung) dokumentiert. Die Auswertung erfolgte über die Addition der Punkte aus den beiden Bewertungsparametern. Zudem erfolgte bei naturschutzfachlich ungeeignetem Flächenmanagement (Einsatz von Mulchern) ein Punkteabzug, naturschutzfachlich günstiges Flächenmanagement (Teilflächenbearbeitung) wurde mit Zusatzpunkten honoriert.

 

Da die Untersuchung als Citizen-Science-Projekt konzipiert war, konnte keine wissenschaftlich vertiefte Kartierung des Pflanzenbestandes vorgenommen werden. Der Parameter „Pflanzliche Artenvielfalt“ wurde primär über Blühaspekte und das Vorhandensein von Blühpflanzen, Kräutern und Stauden gegenüber Gräsern charakterisiert. Beim Parameter „Überwinterungsstrukturen“ lag der Bewertungsschwerpunkt auf dem Angebot an Altgrasbeständen und dabei insbesondere auf dem Anteil an „harten“, krautartigen Strukturen im Winterhalbjahr.

 

Der Bewertungszeitraum begann mit der Vegetationsentwicklung des Jahres 2021 und endete im Spätwinter 2022. Er umfasst damit den Reproduktions- und anschließenden Überwinterungszyklus eines „Insektenjahres“. Bewertet wurden ausschließlich die Aufstellflächen der Module innerhalb der Zäunung, angrenzende Außenbereiche wurden nicht berücksichtigt, weil ein funktionaler Zusammenhang mit den Parks in vielen Fällen nicht feststellbar war.

Ergebnisse:

  • Von den 82 begutachten Parks erreichten lediglich 9 Parks (11 Prozent) das Kriterium einer hohen naturschutzfachlichen Bedeutung, 28 Anlagen (34 Prozent) wurden als mäßig bedeutsam eingestuft, bei 45 Parks (55 Prozent) wurde eine nur geringe Bedeutung festgestellt. Eine Auswertung unter Berücksichtigung der Größe der Anlagen ergab eine vergleichbare Verteilung.
  • Die Flächenpflege erfolgte bei mindestens 35 Parks (43 Prozent) durch Beweidung, wobei in nahezu allen Fällen Schafe eingesetzt wurden. Beweidete Parks erreichten im Mittel die gleiche Punktezahl wie nichtbeweidete Parks, allerdings liegt ihr Anteil an den Parks mit hohem naturschutzfachlichem Potential bei lediglich 6 Prozent (2 von 35).
  • In 35 Parks (43 Prozent) wurde der Einsatz von Mulchern oder Aufsitzmähern festgestellt, bei mehreren weiteren Anlagen bestand ein entsprechender Verdacht. Mahd mit anschließendem Abtransport des Mähguts fand nur in Einzelfällen von weniger als 5 Prozent statt.

Potentiale von Freiflächen-Photovoltaikanlagen für die biologische Vielfalt

Diskussion:

  • Ein Großteil der untersuchten Parks erreicht das in den Genehmigungsunterlagen prognostizierte Entwicklungsziel eines arten- und blütenreichen Grünlandstandortes nicht. Maßgebliche Ursache hierfür ist zumeist eine ungeeignete Form des Grünlandmanagements. So entwickelt sich ein Großteil der beweideten Parks zu artenarmen, oft kurzrasigen Grasflächen. In den nicht beweideten Parks findet in der Regel kein Abtransport des Mähguts statt, sodass hier bereits nach kurzer Zeit nur noch einige wenige robuste (Gras)Arten dominieren.
  • Da in den Genehmigungsbescheiden der Anlagen in aller Regel ein Mulchverbot festgesetzt wird, überrascht der hohe Anteil von über 40 Prozent aller Parks, in denen Mulcher eingesetzt wurden.
  •  Die Ausbringung autochthonen Saatguts, die ebenfalls in den Genehmigungsbescheiden nahezu aller Anlagen festgesetzt ist, erweist sich als naturschutzfachlich kaum wirksam. Zurückzuführen ist dies auf die oftmals gut nährstoffversorgten Standortbedingungen (ehemalige Intensivlandwirtschaft) sowie die oben beschriebenen ungeeigneten Pflegeformen.
  • Zielführend ist die Ausbringung autochthonen Saatguts nach Ansicht der Verfasser nur dann, wenn gleichzeitig ein geeignetes Mähregime verbindlich festgesetzt wird. Beispielsweise bestehend aus drei Arbeitsgängen (Frühsommer, Spätsommer, Spätherbst) bei denen jeweils 30 bis 50 Prozent der Mähstreifen unbearbeitet bleiben und das Mähgut abtransportiert wird. Ein Abtransport des Mähguts ist in einem Großteil der begutachteten Parks aber nur mit erheblichem Aufwand möglich, da die dafür erforderlichen Wende- und Rangiermöglichkeiten fehlen. Es wird daher empfohlen, künftig bereits bei der Planung der Parks ausreichende Abstände zwischen den Modulreihen sowie zu den randlichen Einzäunungen zu berücksichtigen.